Diversitätsmanagement in der LV – Queerness im Beruf

Shownotes

In dieser Episode von Flurfunk aus Herne begrüßt Wolfgang Patz die beiden Expertinnen Jana-Madeleine Staupe und Frederike Rautenberg von der Netzwerkstelle Unternehmen Vielfalt. Gemeinsam diskutieren sie über die Bedeutung von Vielfalt in kleinen und mittelständischen Unternehmen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema LSBTIQ und Diversity Management. Dabei geben sie wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Chancen, die Unternehmen und öffentliche Verwaltungen in Nordrhein-Westfalen in Bezug auf Vielfalt und Inklusion haben. Von praktischen Tipps für Unternehmen bis hin zu persönlichen Einblicken in die queere Lebensrealität – diese Folge liefert eine umfassende Perspektive auf die Wichtigkeit einer offenen und inklusiven Arbeitskultur. Neben der Erklärung zentraler Begriffe wie LSBTIQ und Intersektionalität wird auch das „Gender Unicorn“ als hilfreiches Tool zur Sensibilisierung vorgestellt. Jana und Friederike betonen, wie wichtig es ist, Vorurteile abzubauen und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das allen Menschen offensteht.

Takeaways:
Die Netzwerkstelle Unternehmen Vielfalt unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen in Nordrhein-Westfalen im Bereich Diversity Management mit Fokus auf LSBTIQ-Themen.

Vielfalt am Arbeitsplatz ist ein Schlüsselfaktor für ein offenes, produktives Arbeitsumfeld. Diskriminierung kann verhindert werden, wenn Diversity gezielt gefördert wird.

LSBTIQ und Intersektionalität sind zentrale Begriffe, die in vielen Kontexten noch nicht ausreichend bekannt sind, aber maßgeblich zur Gestaltung inklusiver Arbeitswelten beitragen.

Das „Gender Unicorn“ ist ein anschauliches Tool, um Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung greifbar zu machen.

Queere Sichtbarkeit und Akzeptanz sind entscheidend, um eine positive, diskriminierungsfreie Arbeitsumgebung zu schaffen, die das volle Potenzial der Mitarbeitenden fördert.

Links:
FAH: https://fah.nrw.de/ Netzwerkstelle Unternehmen Vielfalt: https://www.unternehmen-vielfalt.nrw/

Moderation & Produktion Wolfgang Patz: https://nextgen-podcast.de/

Keywords
LSBTIQ, Diversity Management, Inklusion, Unternehmen, öffentliche Verwaltung, Netzwerkstelle Unternehmen Vielfalt, Intersektionalität, Gender-Unicorn, Diskriminierung, Chancengleichheit, sexuelle Vielfalt, sichere Arbeitsumgebung

Transkript anzeigen

Wolfgang: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, dein Podcast, wenn es topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast-Coach und Moderator. Und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich jeden ersten Mittwoch im Monat mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Flurfunk aus Herne, dem Podcast rund um aktuelle Themen der Verwaltung und gesellschaftlicher Vielfalt. Heute haben wir zwei besondere Gäste: Jana und Frederike von der Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT. Sie arbeiten seit drei Jahren daran, kleine und mittelständische Unternehmen in Nordrhein-Westfalen in Sachen Diversity Management und LSBTIQ-Themen zu unterstützen. In dieser Folge sprechen wir über die Rolle von Vielfalt am Arbeitsplatz, den öffentlichen Dienst und warum es so wichtig ist, eine offene und inklusive Arbeitskultur zu schaffen. Lasst uns gemeinsam eintauchen in die spannende Welt der Vielfalt und lernen, wie wir alle zu einem offenen und fairen Miteinander am Arbeitsplatz beitragen können. Hallo und herzlich willkommen im Flurfunk aus Herne, deinem Verwaltungstalk. Heute darf ich Jana-Madeleine Staupe und Frederike Rautenberg von der Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT begrüßen.

Frederike: Hi, danke, dass wir da sein dürfen.

Jana: Hallo, auch von mir.

Wolfgang: Wo sitzt ihr beiden? Also in welchem Städtchen?

Frederike: Wir sitzen im ganz kleinen, beschaulichen und überhaupt nicht warmen Städtchen Dortmund.

Wolfgang: Dortmund ist wie in Kessel gerade, ja?

Frederike: Es ist wunderbar.

Wolfgang: Okay, das ist schön. Aber es sieht so richtig idyllisch bei euch im Büro aus, als wenn da so eine Klimaanlage ist und ihr nebenbei noch einen Cocktail schlürft. Ist doch toll. Nimm uns noch mal kurz mit auf die Reise. Wer ist denn eigentlich die Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT und wie seid ihr dahin gekommen?

Frederike: Ja, genau. Die Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT ist ein Angebot des Landes NRW und wurde vom Ministerium mit dem handlichen Namen Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen. Und genau, unser Auftrag ist es eben, kleine und mittelständische Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen beim Thema Diversity Management mit Fokus LSBTIQ zu beraten, zu unterstützen, zu vernetzen und auch weitere Akteur*innen in dem Bereich eben zu sensibilisieren. Dazu führen wir Trainings durch, wir machen Vernetzungsveranstaltungen und wir beide sind jetzt seit drei Jahren Teil des Teams der Netzwerkstelle.

Wolfgang: Und was ist eure Verbindung zum öffentlichen Dienst? Vielleicht du, Jana?

Jana: Ja, also unsere Hauptzielgruppe sind ja, wie Frederike schon sagte, zwar kleine und mittlere Unternehmen. Jedoch sind wir auch gut vernetzt mit vielen weiteren Akteur*innen und Interessierten. Und wir haben jetzt auch über die drei Jahre gemerkt, dass der öffentliche Dienst auch durchaus schon ein großes Interesse hat, auch an unseren Veranstaltungen teilnimmt, in den Trainings dabei ist. Und ja, es ist ja auch einfach total wichtig, nicht nur nach innen hin, sondern natürlich auch nach außen, wenn wir die Vielfalt auch der Bürger*innen betrachten, dass auch der öffentliche Dienst sich da gut aufstellt.

Wolfgang: Ich meine, das ist ja irgendwie gefühlt, sollte das ja so zur Grundausbildung in der Schule irgendwie dazugehören mittlerweile, aber ich mein, ich muss auch sagen, ich hab da glaube ich auch noch ganz, ganz viel nachzuholen. Aber wie sieht ihr denn das? Also ist dieses „gehobene Zeigefinger - Na, na, na, das müsstest du aber wissen“ richtig oder Akzeptanz für alles, auch für Unwissenheit?

Frederike: Wir haben schon festgestellt, ganz wichtig ist mit einer Offenheit da dran zu gehen und Raum für Fragen zu lassen. Also auch wirklich zu sagen, es gibt in den Kontexten, in denen wir unterwegs sind, keine dummen Fragen. Wir sind da, um eben aufzuklären. Wir sind da, um diese Fragen zu beantworten. Und wir fangen auch gerne ganz bei Null an und einfach raus damit. Dieser Raum ist ein sicherer, ein offener Raum. Und wir sind einfach da, um Interessierte weiterzubringen, um ihnen ihre Fragen zu beantworten, ganz unabhängig davon, was ihre Meinungen sind, mit denen sie da erst mal reingehen.

Wolfgang: Na ja, dann lass mal, bevor wir weiter in der Fragerunde voranschreiten, einfach mal so eine kleine Warm-Up-Frage-Runde noch machen, wo ich einfach quasi eine Frage stelle und zum Beispiel Frederike beantwortet die erste und Jana dann einfach die zweite.

Jana: Mhm.

Frederike: Okay.

Wolfgang: Okay, also Jana, du die erste. Kuchen oder Torte?

Jana: Eindeutig Kuchen. Am liebsten Streuselkuchen.

Wolfgang: Kuchen oder Torte, gibt es überhaupt einen Unterschied?

Jana: Ja Sahne, Sahne wäre jetzt der Unterschied, der mir einfällt. Bin nicht so ein Sahne-Fan.

Frederike: Sahne, Buttercreme, solche Sachen.

Wolfgang: Frederike vor oder hinter der Bühne?

Frederike: Hinter, definitiv. Strippen ziehen.

Wolfgang: Ja, okay. Jana Buch oder E-Book?

Jana: Ja. E-Book.

Wolfgang: Und Frederike Kino oder Serienmarathon?

Frederike: Ach, das kommt ganz stark drauf an. So ein richtig cooler Film im Kino, so mit 3D und bewegten Sitzen ist schon cool.

Wolfgang: Kriegt man sowas in Dortmund mit bewegten Sitzen? Das hab ich noch nie gemacht.

Frederike: Dafür muss man nach Köln fahren, zugegebenermaßen. Das heißt, es ist schon eher so ein Event. Deswegen manchmal ist auch der Sonntag auf der Couch mit dem Serienmarathon genau das Richtige.

Wolfgang: Na gut, vielleicht kannst du ja gleich weitermachen zu Begriffsdefinitionen. Du hast vorhin das Wort LSBTIQ gesagt, oder?

Frederike: Genau, also die deutsche Version – du hast schon richtig angefangen. Dann wurde es bisschen Englisch LSBTIQ* mit einem schönen Sternchen dahinter.

Wolfgang: Was bedeutet das?

Frederike: Das ist ein Akronym. Das steht für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter und queer. Und das Sternchen steht als Platzhalter für alle weiteren Selbstbezeichnungen, die unter diesen Überbegriff fallen, aber nicht direkt im Akronym drinstecken.

Wolfgang: Hat sich der Begriff in letzten Jahren noch mal irgendwie geändert?

Frederike: Also, kommt jetzt drauf an, wie weit man zurückgeht. Der hat sich natürlich immer weiterentwickelt. Ursprünglich hat sich einfach nur „gay“ im Englischen als Bezeichnung für die Community etabliert. Dann kam „lesbian“ dazu, also schwul und lesbisch. Und Ende der 80er dann eben auch „bi“ und „trans“. Und dann war es LGBT. Das kennen vielleicht auch einige aus dem Englischen. Und heute gibt es eben eine riesige Vielzahl von Variationen dieses Akronyms. Zum Beispiel die deutsche Übersetzung mit dem „S“ statt des „G“s. Ansonsten geht das ja ganz gut auf.

Wolfgang: Jana, ich habe ja vorhin schon gesagt, dass euer Unternehmen oder die Organisation, für die ihr arbeitet, heißt ja Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT. Was bedeutet denn überhaupt Vielfalt für euch?

Jana: Ja, also bei Vielfalt geht es ja um die personelle Vielfalt von uns Menschen, die es eben in unserer Gesellschaft gibt. Also wir unterscheiden uns hier alle oder sind uns ähnlich und anhand bestimmter Merkmale wie Alter, Geschlecht oder sexuelle Orientierung. Und ja, diese verschiedenen Zugehörigkeiten stehen eben auch in Verbindung mit bestimmten Möglichkeiten oder auch Grenzen, die wir in unserer Gesellschaft und auch eben in der Arbeitswelt haben. Und Zugehörigkeiten stehen auch damit im Zusammenhang, ob wir eher von Diskriminierungen getroffen sind oder eher zur privilegierten Gruppe gehören. Genau, ja, das ist so.

Wolfgang: Was meinst du mit „privilegierte Gruppe“?

Jana: Also Menschen zum Beispiel, die weiß sind oder männlich in einem bestimmten Alter, die sind in unserer Gesellschaft schon häufiger zum Beispiel in wichtigen Funktionen vertreten, sei es jetzt in Unternehmen oder auch in der Politik, bestimmen auch sehr den Diskurs mit, haben eine hohe Sichtbarkeit. Die Welt ist auch sehr, sehr auf sie ausgerichtet. Ja, da gibt es einfach einen Unterschied, ob ich weiß bin oder schwarz bin zum Beispiel, ob ich eine Frau bin oder ein Mann.

Wolfgang: Was ist denn eure größte Motivation für die Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT zu arbeiten. Und wo drin seht ihr denn die großen Chancen, die man durch euer Mitwirken und die gesamte Organisation, was man dadurch eigentlich erreichen kann?

Frederike: Motivation sind ganz klar so Dinge wie Zahlen, wenn man auf Studien guckt rund ums Thema Queerness am Arbeitsplatz. Da gibt es zum Beispiel Studien des Instituts für Diversity und Antidiskriminierungsforschung. Die machen die immer in so ein paar Jahren Abstand. Da sieht man ganz klar, die Zahlen werden besser, was die Offenheit am Arbeitsplatz angeht. Aber da ist noch wahnsinnig viel zu tun. Auch in der neuesten Studie ist immer noch ein erheblicher Anteil der Befragten, die angegeben haben, dass sie zum Beispiel aufgrund von Diskriminierung den Arbeitsplatz wechseln mussten. Und das ist natürlich ein riesiger Antrieb, weil dadurch geht wahnsinnig viel Energie für diese Menschen verloren, für die Unternehmen geht wahnsinnig viel Potenzial verloren. Und Studien zeigen halt auch ganz klar, dass es positive Erfolge haben kann, wenn man eben Diversity-Management einsetzt, in der Unternehmenskultur etabliert und Offenheit kommuniziert.

Wolfgang: Und wie misst man das ganz klassisch durch Mitarbeiterbefragung, irgendwie Zettel austeilen und dann einmal Häkchen setzen oder was gibt es da so für Methoden?

Jana: Ja, Mitarbeiterbefragung wäre ein Weg. Also es kommt immer ein bisschen drauf an, auch auf die Strategie, auf die Zielsetzung, auch auf die Maßnahmen, die man umsetzt. Es kann natürlich sein, wenn man sich zum Ziel setzt, durch Diversity Management die Zufriedenheit zu erhöhen, dass man dort dann in der Befragung feststellt, hat die sich erhöht? Es kann aber auch genauso gemessen werden an Rekrutierungserfolg. Wie viel mehr Bewerbungen haben wir bekommen? Wie viel mehr Menschen haben wir eingestellt? Ja, oder auch hat die Anzahl der Frauen in Führungspositionen sich verändert durch die Maßnahmen? Ja, was ganz interessant ist, einige Unternehmen, die führen eben dann auch im Zuge von Diversity Management Verfahren ein, dafür, dass Menschen sich eben melden können, wenn sie Diskriminierungserfahrungen machen im Unternehmen. Und häufig gibt es dann mehr gemeldete Fälle und dann sagen die Verantwortlichen, das hat sich ja hier total verschlechtert jetzt die Lage. Und dazu können wir dann sagen, dass es genau das Gegenteil eben auch zeigen kann, dass es nicht mehr Menschen jetzt gibt, die Diskriminierungserfahrungen machen im Unternehmen, sondern einfach mehr Menschen, die sich trauen und die Möglichkeit haben, die auch anzuzeigen. Also wenn quasi die Diskriminierungsfälle ansteigen, heißt das nicht, dass das Diversity Management nicht funktioniert.

Wolfgang: Ja, also ich glaube, man kann natürlich wahrscheinlich ganz, ganz viel, also schon präventiv machen durch sexuelle Bildung. Was glaubt ihr, wie müsste sexuelle Bildung schon im jungen Alter aussehen? Also, wahrscheinlich nicht nur, dass sich die Mama oder Papa an die Bettkante setzt und mal kurz das Prinzip von Bienchen und Blümchen erklärt.

Frederike: Ich glaube, ganz viel geht da einfach über die Normalisierung von anderen Lebensrealitäten. Also, wir wachsen ja von klein auf damit auf, dass uns herum Pärchen sind, dass wir in den Medien Liebesgeschichten sehen, im Schulunterricht werden Texte besprochen, auch im Biologieunterricht gibt's natürlich den Aufklärungsunterricht, aber eben immer in allen Aspekten sehr zentriert auf heterosexuelle Pärchen, auf cisgender Menschen. Und ich glaube, ganz viel würde da einfach darüber gehen, zu sagen, wir erweitern das, wir machen es sowohl im Aufklärungsunterricht so, dass wir uns mit dem Thema Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung auseinandersetzen, aber auch in anderen Bereichen der Bildung und auch zu Hause, dass man gezielt guckt, was gibt es denn vielleicht für mediale Beispiele, die andere Familienmodelle zeigen, die andere Lebensrealitäten zeigen. Und ich glaube, das wird einfach schon sehr viel dazu beitragen, denn sobald es normaler ist, ist es halt eben auch kein Grund mehr auszugrenzen.

Wolfgang: Okay, bevor ich weitermache mit meinen Rechercheergebnissen, die ich als Vorbereitung auf den Podcast gemacht habe, will ich noch eine kurze Fragerunde starten und ich sage einfach was und ihr antwortet mit eurem ersten Gedanken, der euch dazu kommt. Diesmal fangen wir dann, weil Frederikes Stimmbänder schon geölt sind von der letzten Antwort, fangen wir mit dir an. Gendersensible Sprache - Was fällt dir dazu ein?

Frederike: Gendersensible Sprache für mich bedeutet, einen bewussten Sprachgebrauch, sich bewusst mit dem auseinanderzusetzen, was man sagt und wie man es sagt. Also zu schauen, was erzähle ich, oder auch zu schauen, woran denke ich, wenn ich bestimmte Begriffe sehe, und dann eben abzuweichen von den rein männlichen Formulierungen, im Deutschen vorherrschen, also vom generischen Maskulin wegzugehen und sich andere Optionen zu suchen, sei es jetzt sowas wie eben ein Gender Gap, also mit dem Sternchen oder dem Unterstrich oder geschlechtsneutrale Formulierungen, weil Sprache formt unsere Wahrnehmung und das ist einfach super wichtig. Deswegen ist gendersensible Sprache für mich ein riesiger Punkt, gerade auch im Bereich Aufklärung und Bildung.

Wolfgang: Ja, das fällt mir auch irgendwie schwer aus meinem Rahmen, in den ich irgendwie reingewachsen bin, auszubrechen. Also diese allgemeinen Formulierungen, das fällt mir auf jeden Fall wesentlich leichter als das mit dem Gap, mit dem Sternchen oder Unterstrich das dann auch. Das fügt sich neutraler oder einfacher in meinen Sprachgebrauch ein, wenn ich es verallgemeinere. Ja, so geht’s mir.

Frederike: Beides eine Frage der Übung, würde ich sagen einfach und der Gewohnheit.

Wolfgang: Okay. Jana, Christopher Streetday.

Jana: Ja, sind ja die Demonstrationen für queere Rechte, die weltweit und ja auch in vielen deutschen Städten stattfinden und einfach unglaublich wichtig sind für queere Sichtbarkeit. Ja, jetzt gerade haben ja wieder viele CSDs auch stattgefunden. Und wir haben ja auch gesehen in manchen Teilen Deutschlands oder auch in unterschiedlichen Kontexten. Ja, sehen wir einfach. Ja, haben wir Angriffe auch gesehen auf diese Demonstrationen von der rechten Seite, von bestimmten Gruppierungen. Das zeigt uns einfach, dass da einfach noch viel zu tun ist. Und, dass es total wichtig ist, auch diese Demonstrationen zu schützen, dass queere Menschen auch sicher auf die Straße gehen können und auch mit ihnen die Verbündeten, um eben auch für die Rechte einzustehen.

Wolfgang: Frederike, ich weiß nicht, ob ich diese Kurzform richtig ausspreche CIS-Sternchen, CIS*.

Frederike: Genau, einfach nur CIS, das passt. Kommt aus dem Lateinischen, heißt wörtlich übersetzt diesseits und ist das Gegenstück zu trans und bezeichnet damit eine Geschlechtsidentität für Menschen, die sich eben mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Also wenn bei der Geburt die Ärzte gesagt haben: „das ist ein Junge“ und die Person sagt später auch von sich selbst: „ich bin ein Junge, ich bin ein Mann“, dann ist das eine Cis-Person oder eine Cis-Geschlechtliche Person.

Wolfgang: Okay, da habe ich was dazu gelernt. Also vieles schon, also ganz viel. Jana, straight ally.

Jana: Ja, ein straight ally, also ally ist ja ein englisches Wort, bedeutet verbündete Person. Also eine straight ally ist eine Person, die selbst heterosexuell und cis-geschlechtlich ist. Cis hat Federike ja grad erklärt und die sich, ja also die eben nicht Teil der queeren Community ist, sich aber aktiv für deren Rechte und Anliegen einsetzt, eintritt gegen Queerfeindlichkeit und auch gerade dann die Stimme erhebt, wenn queere Personen es nicht können oder wenn queere Personen auch nicht anwesend sind. Es geht dabei nicht um sich selber irgendwie besonders toll darzustellen oder in den Mittelpunkt zu rücken, sondern es geht immer um die Interessen der queeren Communities und diese eben dann auch aktiv mit zu unterstützen.

Wolfgang: So, Friederike, abschließend Intersektionalität.

Friederike: Ja, kommt auch aus dem Englischen wie ganz viele Begriffe in diesem Kontext und bedeutet so viel wie Schnittpunkt oder Schnittmenge. Und Jana hat ja eingangs schon die Vielfältigkeitsdimensionen erwähnt und Intersektionalität bedeutet, dass verschiedene soziale Kategorien, also Geschlecht, Sexualität, Alter, soziale Herkunft miteinander verwoben sind und man deshalb nicht nur eine betrachten kann. Also eine schwarze Frau macht andere Diskriminierungserfahrungen als eine weiße Frau, weil sich diese Ebenen eben miteinander verweben oder ein schwuler Mann macht andere Diskriminierungserfahrungen als eine lesbische Frau und Intersektionalität bezeichnet eben diese Tatsache und gibt Ansätze, wie man sich mit so etwas auseinandersetzen kann.

Wolfgang: Gut, vielen Dank euch. Dann mache ich weiter mit meinen Rechercheergebnissen und meine wirklich wissenschaftlich fundierte Recherche hat mir das Gender Unicorn ausgespuckt. Jetzt möchte ich, dass ihr mir mal bitte erklärt, was es mit dem Gender Unicorn auf sich hat. Denn ich finde es sieht erstmal mega süß aus und toll aus und die Idee dahinter finde ich auch toll, aber erklärt es mir bitte.

Frederike: Ja, das ist tatsächlich ein Tool. Also wir benutzen es in unserer Arbeit auch in etwas abgewandelten Versionen. Aber ich kenn es zum Beispiel auch von Bekannten, die an den Schulen arbeiten, weil es ist ein wahnsinnig gutes Tool, um Konzepte von Geschlecht, also was ist eigentlich Geschlecht und auch eben die Frage, was ist sexuelle und romantische Orientierung, einmal grafisch darzustellen. Das zeigt so die unterschiedlichen Ebenen auf, Geschlechtsidentität, also unser eigenes, inneres Geschlechtsempfinden, unser innerer Sinn, welches Geschlecht wir haben, zeigt da auf, es gibt verschiedene Spektren, auf denen Menschen sich da einordnen können. Ein Mann würde zum Beispiel bei diesen Pfeilen wahrscheinlich beim Mann ein Kreuzchen sehr weit rechts machen. Eine Frau würde das bei Frau machen. Eine nicht-binäre Person würde aber vielleicht irgendwo in der Mitte bei beiden Balken etwas ankreuzen. Und ähnlich ist es dann eben auch auf den anderen Ebenen. Also Geschlechtsausdruck, das ist ja das Zweite da. Also wie wir unser Geschlecht nach außen leben, wie wir aber auch mit den Normen unserer Gesellschaft umgehen. Auch das kann man ja auf ganz unterschiedliche Arten machen. Manche Menschen nutzen ihren Geschlechtsausdruck, um eben genau in die gesellschaftlichen Erwartungen hineinzuspielen, die die Gesellschaft hat von einem Geschlecht. Beispielsweise eine Transperson, die als ihr Geschlecht wahrgenommen werden möchte, sich vielleicht eher daran orientieren, was Gesellschaft von dieser Geschlechterrolle erwartet. Manche Personen spielen aber auch ausdrücklich damit und brechen mit diesen Erwartungen. Und das kann man da eben auch ganz schön sehen mit diesen Spektren. Dann geht es ja noch ein auf im Englischen Sex assigned at birth. Also lässt sich übersetzen als bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht und bezeichnet auch genau das; hatten wir eben auch schon bei CIS-Personen. Sprich, was wurde gesagt, was steht in der Geburtsurkunde? In Deutschland gibt es ja vier Optionen, weiblich, männlich, divers oder ein offener Eintrag. Und dann geht's halt noch auf die andere Ebene ein, also abseits von Geschlecht und Geschlechtsidentitäten, eben auf sexuelle und romantische Orientierungen, die ja auch als Spektrum dargestellt werden. Also die Frage, zu wem fühlen wir uns hingezogen. Ein heterosexueller und heteroromantischer Mann würde da zum Beispiel die Kreuzchen wahrscheinlich sehr weit rechts bei Frau machen, eine asexuelle oder aromantische Person vielleicht ganz links, weil sie eben diese Anziehung so gar nicht verspürt. Und das Gender Unicorn ist einfach eine sehr niedliche und sehr anschauliche Methode, um solche Sachen greifbar zu machen und die Begriffe ein bisschen, ja, Menschen ein bisschen näher zu bringen, die damit vielleicht noch gar keine Berührungspunkte hatten.

Wolfgang: Und ab welchem Alter würdest du das Gender Unicorn empfehlen, so als Verbildlichungsmethode?

Frederike: Da ich keine Pädagogin bin und wir auch mit der Netzwerkstelle ja nicht mit Kindern arbeiten, möchte ich mich da jetzt auf nichts festnageln. Ich kenne es, ich sag mal so ab der fünften Klasse ungefähr. Aber ich glaube, das kommt auch sehr auf die Kinder an. Das kommt sehr darauf an, was schon im Schulunterricht oder auch zu Hause erarbeitet wurde.

Wolfgang: Okay, Jana, rechtliche Situation habe ich auf im Zettel stehen. Ich habe mal bisschen recherchiert und es gibt ja einige Gesetze. Eins, das schon etwas länger besteht, ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, AGG. Und vor kurzem wurde aber auch ein Gesetz verabschiedet. Das nennt sich Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag. Kannst du mal die beiden Ideen skizzieren von den Gesetzen?

Jana: Ja, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz oder kurz AGG, das hat zum Ziel Benachteiligungen aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Das AGG gilt für Massengeschäfte, also zum Beispiel für Menschen, die ganz, ganz viele Wohnungen vermieten oder zum Beispiel auch für Fitnessstudios und aber auch eben für den Arbeitsplatz. Und Arbeitgebende haben bestimmte Pflichten aus dem AGG. Zum einen müssen sie die Gesetzestexte bekannt machen im Unternehmen. Sie sind verpflichtet, eine Beschwerdestelle einzurichten, an die sich Beschäftigte wenden können, wenn sie Diskriminierung erfahren. Und sie sind auch dazu verpflichtet, entsprechende Schulungen durchzuführen, ihre Beschäftigten dazu aufzuklären und zu sensibilisieren. Und sie müssen auch Maßnahmen ergreifen, wenn es zu Diskriminierung kommt. Und ja, es lässt sich dazu allerdings sagen, dass Deutschland da ziemlich auch hinterherhinkt. Also laut der Auswertung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommen Unternehmen in Deutschland diesen Verpflichtungen noch nicht flächendeckend nach und auch viele Arbeitnehmer*nnen kennen ihre Rechte, die aus dem AGG entspringen, nicht. Ja, da ist auf jeden Fall noch viel Potenzial, das auch bekannter zu machen.

Wolfgang: Ja, okay, das verstehe ich. Kann ich gut nachvollziehen. Na dann, lasst uns in das letzte Kapitel unseres Podcasts springen. Da geht es jetzt mal so um praktische Ansätze in eurem beruflichen Alltag. Lasst uns mal so in die Situation von Betroffenen mal versetzen. Vielleicht die Frage an dich, Frederike. Was gibt es für Anlaufstellen jetzt gerade aktuell für betroffene Personen? Was kann man machen?

Frederike: Also Jana hat ja schon gesagt, theoretisch sollte es in Unternehmen Anlaufstellen geben. Es gibt natürlich ganz, ganz, ganz, ganz viele Anlaufstellen tatsächlich. Also zum Beispiel das Queere Netzwerk. Das ist ein landesweiter Fachverband für Organisationen der LSBTIQ-Communities. Die haben Angebote im Bereich von Selbsthilfe, Empowerment. Es gibt verschiedene Beratungsstellen für verschiedene Bereiche der Community, wie zum Beispiel Inter-NRW oder Trans-NRW. Es gibt aber natürlich auch spezifisch für berufliche Kontexte, sage ich jetzt mal. Die Wirtschaftsweiber, das sind zum Beispiel die Stimme oder ist die Stimme der lesbischen und queeren Frauen in der Arbeitswelt und deren Pendant, den Völklinger Kreis, das Netzwerk schwuler Führungskräfte und Selbstständiger. Es gibt Proud@Work. Und es gibt natürlich in fast jeder größeren Stadt, sage ich jetzt mal, gibt es lokale Gruppen für den Austausch und zur Vernetzung von Stammtischen über Arbeitskreise, zu Beratungsstellen. Und es gibt natürlich uns.

Wolfgang: Und was ist denn für alle Leute, die, sage ich mal, in irgendeiner Abteilung arbeiten, in irgendeinem Büro arbeiten und die erfahren irgendwie Diskriminierung und wollen sich jetzt, ohne sich an andere Organisationen gewendet zu haben, irgendwie wehren oder erklären oder keine Ahnung. Was sind da so praktikable Schritte, die man jetzt erst mal so als ersten Schritt an die Hand geben kann?

Jana: Ja, ich glaube, wir haben keine Antwort, weil es, glaube ich, da nicht so einfach aussieht. Also meine Empfehlung wäre sich eben an diese Netzwerke und Organisationen zu wenden, die Frederike erwähnt hat. Dort sind eben Menschen auch aus bestimmten Berufsfeldern teilweise haben die auch gute Kontakte auch zur Rechtsberatung und wissen da, da kann man sich erstmal Informationen holen oder auch mit Menschen sprechen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, zu sehen wie, was hast du da gemacht und da bekommt man auch gute Empfehlungen einfach, wo man sich da Hilfe holen kann oder wie ich das vielleicht dann auch im Unternehmen angehen kann.

Wolfgang: Und für Leute, die jetzt hier in der öffentlichen Verwaltung jetzt sind und sind aber selber nicht aus der queeren Community, ich tue mich immer schwer mit dem Wort queeren Community, und wollen sich aber mehr dazu informieren und wollen jetzt nicht einfach irgendwie einen Wikipedia-Artikel-Eintrag lesen, habt ihr irgendwelche gute Fachliteratur an der Hand, wo die sich mal eine komplette Grundimpfung geben können?

Jana: Ja, zum einen können wir, also Literatur ist ja manchmal so bisschen, da ist ja die Bereitschaft so bisschen zurückhaltend, sich dadurch irgendwo durchzuwälzen. Also was wir empfehlen können, ist zum Beispiel die FUMA Fachstelle Gender und Diversität NRW. Die haben nämlich ganz spannende und toll aufgebaute digitale Selbstlernangebote. Das macht wirklich Spaß, sich da weiterzubilden. Wir haben uns da auch schon durchgeklickt und inspirieren lassen. Und ja, ansonsten bieten wir natürlich als Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT auch regelmäßig Trainings an. Jetzt auch im Oktober wieder haben wir ein Format Fit für Vielfalt. Und ja, unser Format Fit für Vielfalt gibt einfach so einen Überblick auch, einen Einblick in die verschiedenen Themen. Was bedeutet eigentlich Vielfalt? Was bedeutet LSBTIQ? Welche Rolle spielt das am Arbeitsplatz? Welche Maßnahmen sind sinnvoll? Und was wir auch eben haben auf unserer Website www.unternehmen-vielfalt.nrw ist zum Beispiel ein Glossar, da sind nochmal die Begriffserklärungen für die, für die es jetzt bisschen schnell hier ging im Podcast, können da auch nochmal nachlesen. Ja und generell ist es empfehlenswert auch, ja, einen Einblick zu bekommen in die queere Lebensrealitäten, Erfahrungen, queere Stimmen zu hören und zu lesen, ja, Podcasts auch von queeren Hosts zu abonnieren oder auch eben Bücher von queeren Autor*innen zu lesen.

Wolfgang: Und vielleicht, Frederike, ganz, ich meine, es ist natürlich immer schwer, es gibt wahrscheinlich viel richtig, aber auch viel, naja, nicht so ganz klar, aber so konkrete Hilfestellung für einen guten Umgang miteinander im öffentlichen Dienst.

Frederike: Ich würde sagen, das Wichtigste ist, klar zu kommunizieren und dann auch hinter dem zu stehen, was man kommuniziert. Also das kann so was sein wie Leitlinien zu haben, zum Umgang miteinander und dann aber eben auch ein entsprechendes Beschwerdemanagement und Konsequenzen, wenn so etwas nicht eingehalten wird. Es ist ganz wichtig auch einfach zu signalisieren, wir haben ein Bewusstsein für diese Themen und wir setzen uns damit auseinander. Und das ist immer eine Lernsache. Man bildet sich stetig weiter und wenn Fehler passieren, dann ist es völlig okay, solange man bereit ist, daraus zu lernen und weiterzugehen und weiter daran zu arbeiten. Und ich denke, damit ist schon sehr, sehr viel getan, wenn man mit einer offenen Einstellung drangeht und eben auch sowohl den Menschen aus der Community zeigt, wir sehen euch, wir haben ein offenes Ohr für euch, wir unterstützen euch, aber eben auch Menschen, die vielleicht sonst so keine Berührungspunkte mit der Queeren Community haben, denen eben Anlaufstellen zu geben, denen zu sagen, hier, wir informieren euch, wir bilden euch weiter. Habt ihr Fragen, dann könnt ihr euch da und dahin wenden. Und das sind unsere Regeln zum Umgang, das sind unsere Regeln für zum Beispiel gendersensible Sprache. Bei Fragen, können wir da helfen, wenn ihr eine Weiterbildung braucht oder solche Geschichten. Also einfach offen und klar kommunizieren und hinter denen zu stehen, was man kommuniziert.

Wolfgang: Ich sag mal, wenn ihr jetzt zu den Führungskräften sprechen könntet, die im Endeffekt ja in deren Interesse es ja sein sollte, dass irgendwie alles miteinander toll läuft und jeder wird akzeptiert und es gibt keine Diskriminierung und nichts. Gibt es da irgendwelche, sag ich mal, ja Workshops oder so weiter, die ihr anbietet, die ihr umsetzen könnt? Ist sowas hilfreich? Was sind da so eure Erfahrungen?

Frederike: Genau, gerade Führungskräfte zu sensibilisieren ist natürlich wahnsinnig wichtig, weil die eben eine Vorbildfunktion haben, weil die Anlaufstellen für Fragen und Probleme sind. Und da kommt genau so was wie das von Jana gerade schon erwähnte Fit für Vielfalt ins Spiel. Das richtet sich eben insbesondere an Führungskräfte, an personalverantwortliche Personen, damit die eben einfach wissen, wie Lebensrealitäten aussehen können, welche Einflüsse das vielleicht hat und warum es eben auch relevant ist, für sie darüber aufgeklärt zu sein und welche Auswirkungen das im Arbeitsalltag haben kann, wenn sie da offen mit umgehen.

Wolfgang: Rein vom Leitfaden her sind wir relativ am Ende. Habt ihr das Gefühl, dass es da irgendwie ein Loch gibt in der Sinnhaftigkeit jetzt gerade, wo wir noch mal näher darauf eingehen sollten?

Jana: Ja, vielleicht noch mal auf diesen Aspekt, so ganz am Anfang. Wir hören eben häufig, was hat denn sexuelle Vielfalt am Arbeitsplatz zu suchen? Das ist doch Privatsache. Oder was ist noch so, was wir häufig so hören an so Annahmen?

Frederike: Ich bin ja nicht queerfeindlich, aber die können das doch zu Hause machen.

Jana: Genau, so verschiedene, ja auch Annahmen, auch Vorurteile und auch überhaupt gar nicht so, dass ja das Verständnis dafür, warum es eben ein wichtiges Thema am Arbeitsplatz ist, ne? Denn auch heterosexuelle Personen zum Beispiel outen sich eben ständig am Arbeitsplatz, indem sie eben zum Beispiel von ihrem Wochenende erzählen, von ihrer Partnerin, von ihrem Partner, von ihrer Familie, indem sie ein Bild auf dem Schreibtisch stehen haben oder von ihrer Hochzeitsfeier berichten. Und häufig können sich heterosexuelle Personen sehen das gar nicht und können sich gar nicht vorstellen, dass wenn ich als homosexuelle Person zum Beispiel in einem Umfeld lebe, wo ich das Gefühl habe, das sollte ich hier besser nicht machen, weil ich habe hier schon häufiger auch mal diskriminierende Kommentare gehört, so allgemeiner Natur. Ja, dann behalte ich das lieber für mich. Und das bedeutet ja auch, dass ich ja wichtige Teile meiner Identität auch einfach verbergen muss und dann eben nicht über mein Privates spreche. Und das braucht ja auch unglaublich viel Energie. Und deswegen ist es auch gerade am Arbeitsplatz wichtig, sich mit diesen Themen zu befassen.

Wolfgang: Mega, mega guter Zusatz noch. Dankeschön dafür. Das ist halt so diese kleinen Dinge im Alltag, wo man jetzt, die man gar nicht auf dem Schirm hat, aber was natürlich immer wieder vorkommt. Ganz klar. Aber was ist denn euer Bauchgefühl so, wenn wir jetzt eine Waage haben und da liegt jetzt irgendwie das Gleichgewicht. Auf welcher Seite ist die Waage jetzt noch im öffentlichen Dienst?

Frederike: Ich denke, da wird schon viel gemacht. Also da gibt es auch viel, was nach außen hin sichtbar getragen wird. Aber ich denke, es ist auch immer noch Raum zur Verbesserung da. Also der Wille ist da an vielen Stellen auf jeden Fall. Vielleicht hapert es manchmal noch an den Methoden, vielleicht ist das Wissen noch nicht überall so vorhanden. Aber ich denke, der Wille ist auf jeden Fall da und jetzt bleibt es dran, die Umsetzung stetig zu verfolgen.

Jana: Genau. Und ja, auch zum Punkt Gleichstellung macht der öffentliche Dienst ja auch schon viel. Und da lässt sich ja auch super einfach ansetzen, das noch ein bisschen weiter zu denken, noch ein bisschen vielfältiger sozusagen zu denken, diesen Ansatz und von da aus dann auch noch mehr, ja, diesen Diversity-Aspekt mit reinzubringen.

Wolfgang: Ja, ihr beiden. Ich ziehe auf jeden Fall den Hut vor euch, also jetzt nicht nur vor der Arbeit, die ihr macht, sondern einfach, weil man merkt, wie ihr brennt vor euren Job. Und das finde ich eigentlich immer egal, was man für einen Job hat, aber dass man sich einfach damit identifiziert und dafür lebt und dafür brennt. Das transportiert ihr beiden auf jeden Fall und ich finde es total wichtig. Gut, meine letzten Worte, klar, vielen lieben Dank für euren ganzen Input. Das war wirklich mega, mega, mega hilfreich auch für mich und auch diese, allein wenn es dieses simple Gender-Unicorn ist ja sowas einfach mal vorm inneren Auge zukünftig zu haben oder einfach auch zu wissen, wo kann ich mich noch mehr mit dem Thema beschäftigen. Das habt ihr auf jeden Fall mega gut hinbekommen. Und vielen Dank wahrscheinlich in stellvertretend für alle Leute, die das jetzt gehört haben. Aber trotz alle dem möchte ich euch noch die Möglichkeit geben, abschließende Worte an alle Leute. Stell mal vor, ihr könntet jetzt zu jedem richten, der nicht in der queeren Community ist. Welche Worte würdet ihr an diese Leute richten?

Frederike: Oha, das ist jetzt ein großer Auftrag. Aber erstmal auch von uns vielen, vielen Dank für die Einladung und, dass ihr uns den Raum gegeben habt. Und es ist deshalb so wahnsinnig wichtig, diese LSBTIQ-Themen zu sprechen, weil dadurch eben queere Menschen und die gesellschaftlichen Problematiken, die sie ja immer noch erleben, in Spotlight gerückt werden. Eben genau für Menschen, die vielleicht sonst nicht mit der queeren Community in Kontakt kommen. Weil es einfach so wichtig ist, mal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, sich andere Lebensrealitäten anzugucken und zu sehen; was man… Einblicke in Bereiche zu bekommen, die man sonst vielleicht nicht sieht bisschen was dazu zu lernen.

Jana: Ja und das Thema geschlechtliche und sexuelle Vielfalt gehört an den Arbeitsplatz, denn es ist bereits dort. Und ja, ohne Offenheit für Vielfalt gehen so viele Potenziale, so viele spannende Perspektiven, Erfahrungen, kreatives und fachliches Potenzial verloren. Deswegen kann ich auch nur ja daran appellieren, dazu raten, offen zu sein und dieses dann auch zu nutzen.

Wolfgang: Alles klar, vielen lieben Dank euch und ohne Offenheit für Vielfalt, da geht nämlich gar nichts. Deshalb leitet diesen Podcast gerne an alle Leute weiter, die auf jeden Fall auch eine Portion Allgemeinbildung nötig haben. Das war's für heute bei Flurfunk aus Herne. Ein großes Dankeschön an Jana und Friederike von der Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT für ihre wertvollen Einblicke. Wir haben gelernt, wie wichtig Vielfalt am Arbeitsplatz ist und welche positiven Effekte eine inklusive Unternehmenskultur auf uns alle haben kann. Wenn ihr mehr über die Arbeit der Netzwerkstelle erfahren wollt, besucht ihre Webseite und informiert euch über die Trainings und Angebote. Bis zur nächsten Folge. Bleibt offen, neugierig und engagiert euch für vielfältige Zukunft am Arbeitsplatz. Ciao!

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.